Linz, 25.5.2007
Hallo,

heute habe ich in "OÖ Heute" einen Bericht über DVB-T gesehen, wie toll
usw. das nicht wäre - dass ich nicht lache !

Ich beschäftige mich seit ca 3. Monaten (als Konsument) mit DVB-T und stürze dabei von
einem Schrecken in den nächsten !

Vorausschicken möchte ich, dass ich bereits seit einiger Zeit 3 verschiedene
DVB-T-Geräte im Einsatz habe:
  • eine günstige DVB-T-Box mit Scart-Anschluss
  • eine DVB-T-Box der Mittelklasse mit Scart-Anschuss und HF-Modulator
  • einen USB-DVB-T-Stick für den PC.
Es werden jeweils (für Analogempfang vorgesehene) Zimmerantennen
(mit integriertem HF-Verstärker) verwendet.

Zur geographischen Lage: Linz Stadt, allerdings südliche Grenze
(Auergütlweg, Ebelsberg): Wir sind leider von der Liwest "gerade
nicht mehr" mit Kabel versorgt worden, haben daher eine analoge
 und in der Zwischenzeit auch eine digitale SAT-Anlage.

Die Entscheidung gegen ORF-Empfang per digital-SAT und für DVB-T hatte
folgende Gründe:
  • die Cryptoworks-Karte alleine würde schon ca. 60 Euro kosten
  • solange Astra analog ausstrahlt, wollen wir uns eine weitere Investition
      in eine digitale Anlage ersparen.
  • wir wollen auf die Möglichkeit nicht verzichten, ein terrestrisches
      Programm aufzuzeichnen und gleichzeitig ein SAT-Programm anzusehen
      (oder umgekehrt).
Vorerst möchte ich auf die Argumente aus der Sendung eingehen, bzw.
sie in Relation zu meinen Erfahrungen setzen:
  • Der Behauptung "der Empfang wäre besser als bisher" möchte ich entgegensetzen:
      => ich kann "ORF2 OÖ" GAR NICHT auf DVB-T empfangen ! Mein Sendersuchlauf
         findet (neben ORF1 und ATV) nur "ORF2 N" und "ORF2 W" .
         - ich habe KEINE INFORMATION gefunden, ob überhaupt oder ab wann "ORF2 OÖ"
           digital ausgestrahlt wird, auch keine Anweisung, wie man den Sender evtl.
           manuell finden oder einstellen kann !!
      => Nachdem DVB-T im UHF-Band ausgestrahlt wird, habe ich je nach Wetterlage
         GAR KEINEN DVB-T - Empfang, oder er ist so schlecht, dass man es nicht
         ansehen kann. In den Fällen, wo man ORF2 auch analog sehr schlecht
         empfängt, ist der analoge ORF immer noch recht brauchbar zu empfangen.
         Bei DVB-T ist aber alles "aus", d.h., gar kein Sender mehr zu empfangen.
  •  Der Behauptung "die Bildqualität wäre besser als bisher" möchte ich entgegensetzen:
      => Bei optimalem Empfang stimmt dies natürlich. Bei suboptimalem Empfang jedoch
         beginnt zuerst der Mosaikeffekt und dann bricht der Ton "weg".
         Bei analogem Empfang kann relativ viel Qualitätsverlust hingenommen werden -
         Schattenbildung, Farbverlust, "schneien", und doch kann man zumindest
         Informationssendungen noch verfolgen.
      => Gerade im UHF-Bereich gibt es viele Einflüsse von Außen, die den Empfang beeinflussen
         können, z.B. auch sich bewegende Personen etc. Dies kann man beim analogen
         Empfang leicht z.B. durch Neuausrichtung der Antenne beheben, die das Feedback am
         Schirm erfolgt ebenso analog, was ein Ausrichten erleichtert.
         Wenn bei DVB-T plötzlich der Mosaik-Effekt einsetzt, ist ein Neuausrichten weitaus schwieriger.
         Ich möchte hier auch auf meine Erfahrungsberichte mit mit der (unverstärkten) DVB-T-Antenne
         meines USB-DVB-T-Stick hinweisen, wo die einzige Möglichkeit, überhaupt eine Stelle zu finden,
         an der ein Sender-Scan erfolgreich ist, nur mit Hilfe des analogen UHF-Signals möglich ist:
        
    http://forum.geizhals.at/t487390,4056326.html#4056326
  • Der Behauptung, dass "die digital-Technologie viele Vorteile bringe" möchte ich entgegensetzen:
      => natürlich ist das Potential für neue Funktionalitäten bei der Digital-Technologie weitaus
         größer als bei der alten Analogtechnologie. Das kann aber nicht so isoliert betrachtet werden,
         sondern man die Praxisrelevanz betrachten, und sich die Frage stelle: w
    ie werden diese
         Vorteile genutzt ?
    • EPG: ok, ist fein.
    • Untertitel, Mehrsprachigkeit, etc.: ja nett, es fragt sich, ob das einer der Provider jemals
      in breiten Stil nutzen wird,
    • MHP: tote Technologie, mit der der ORF wahrscheinlich nur noch mehr Werbung an den
      Mann bringen will. Aufgrund der geringen Akzeptanz und Verbreitung auch kommerziel
      für den ORF sicherlich ein Desaster. Wer Teletext will, dem genügt der "alte" Teletext, wer
      mehr will, geht ohnedies zum Internet.
                Auf der anderen Seite handelt man sich massive Nachteile in der Handhabung ein:
    • Noch eine Fernbedienung mehr. Mit zwei DVB-T-Boxen (siehe unten) sogar ZWEI Fernbedienungen
      zusätzlich. Macht zusammen mit Fernseher, DVD-Player und SAT-Receiver und
      Recorder: 5 bzw. 6 Fernbedienungen!  Dass sich mein Vater nicht mehr auskennt, wundert
      mich gar nicht - ich tu mir öfters auch schon schwer ! 
    • Jedes Fernsehgerät und jeder Videorecorder hatte bisher einen eingebauten (analog-)
      Empfangsteil. Damit war gleichzeitiges Aufnehmen eines Senders und Ansehen
      eines anderen Senders kein Problem. Die Misere begann schon mit den Sat-Receivern,
      wo gleichzeitiges Aufnehmen und Ansehen unterschiedlicher SAT-Sender nicht meh
      r
      möglich war. Das war aber zumindest keine Einschränkung der bisherigen Möglichkeiten.
      Will man auf diese Möglichkeiten mit DVB-T nicht verzichten, muss man entweder viele
      Euros ausgeben, oder Alternativen - allerdings mit qualitativen Einschränkungen suchen.
      Folgende Probleme treten hier auf:
      • Wenn man einen DVD-Player und einen SAT-Receiver und jetzt noch eine DVB-T-Box
        mt Scart-Ausgang hat, dann fängt das Problem schon beim einfachen Aufnehmen an.
        Denn kaum ein Recorder hat mehr als zwei Scart-Eingänge! Jetzt bräuchte man ein
        Scart-Umschaltbox. Die günstigen Produkte muss man manuell umschalten. So,
        jetzt hat man eh schon 5 Fernbedienungen, und muss dann trotzdem noch aufstehen,
        um die Scart-Box umzuschalten ?
      • Das gleiche Drama spielt sich auch am Fernsehgerät ab: auch hier gibt es üblicherweise
        nur 1 - 2 Scart-Buchsen.
      • Auch mit der auf http://www.dvb-t.at/ empfohlenen Vorgangsweise, sich einen zweite
        DVB-T-Box zum gleichzeitigen Aufnehmen anzuschaffen, löst nicht die SCART-Misere.
      • Also hilft nur: einen neuen Fernseher und einen neuen Videorecorder mit eingebauten
        DVB-T-Empfängern anzuschaffen. Davon gibt es aber noch nicht  wirklich viele, bzw.
        sind diese alle im oberen Preissegment angesiedelt.
        Dabei vergisst man wohl, dass es Konsumenten gibt, die keine technikgeilen Freaks
        sind (und daher jeden Preis zahlen), sondern einfach nur fernsehen wollen.
      • Ich habe die Kompromisslösung gewählt: Ich habe eine DVB-T-Box mit HF-Ausgang
        bzw. eine SCART->HF Box angeschafft. Damit kann ich die eingebauten analog-Empfänger
        in Fernsehgerät und Recorder nutzen. Es ist so natürlich trotzdem nicht möglich, zwei
        verschiedene DVB-T-Programme gleichzeitig aufzunehmen bzw. anzusehen, aber
        immerhin kann man ein DVB-T-Programm und ein SAT-Programm gleichzeitig
        aufnehmen und ansehen, zwar in analog-qualität, aber immerhin - dieser Kompromiss
        hat mich "nur" 20 Euro Aufpreis gekostet.
  • Weiters wurde es so dargestellt, als ob DVB-T DIE Schlüsseltechnologie für mobiles Fernsehen sei,
    dem möchte ich entgegenhalten:
    => DVB-T ist bezüglich Mobilität nicht schlechter oder besser geeignet wie das bisherige analoge Fernsehen,
         bzw. mit den oben erwähnten Nachteilen bei suboptimalen Empfangsbedingungen ist es auch hier
         deutlich schlechter geeignet. Außerdem steht hier mit DVB-H das Handy-Fernsehen schon in
         den Startlöchern.
Resumee:
  • Ich kann ORF2 OÖ nicht auf DVB-T empfangen (nur ORF2 N, ORF2 W).
  • Die Signalqualität ist zeitweise so schlecht, dass ein DVB-T-Fernsehen
    nicht möglich ist.
  • Die Nachteile überwiegen bei weitem die Vorteile.
  • Kein Wunder, dass sich die meisten Leute diesen Ärger gar nicht antun und stattdessen gleich auf digitalen
    Satellit umsteigen, hier eine reiche Fülle an Programmen vorfinden, und damit dem ORF erst recht den Rücken
    zukehren. Siehe dazu auch Digitales Eigentor.
- Peter Kass

Update (1.3.2008):
  • Mit dem Kauf einer Antenne mit eingebautem Verstärker (weitere 15,- Euros) kann ich nun ORF2 auch wieder (fast) durchgehend mit guter Qualität empfangen.
  • Wenn ich was auf meinem Laserdrucker ausdrucke, bricht das Bild solange zusammen ...
  • Die neuen Sender Puls4, ORF Sport Plus und auch Sat3 (jetzt auch per DVB-T) sind nur bedingt brauchbar zu empfangen. Durchgehender Mosaik-Effekt, Bildausfälle, Senderausfall, ...
  • Meine Eltern (einen Stock tiefer), die bisher (vor DVB-T) mit einer (verstärkten) Zimmerantenne problemlosen Empfang hatten, müssen nun (mit DVB-T) die (verstärkte) DVB-T - Antenne an einem langen Kabel quer durchs Zimmer tragen (stolpergefahr!) und an genau der einzigen Stelle plazieren, wo es halbwegs brauchbaren Empfang gibt. Auf dem üblichen Platz (nämlich auf dem Fernseher) geht es gar nicht mehr.
  • Nachdem es nun kein Analog-Signal mehr gibt, funktioniert die Methode zum Sendersuchlauf wie in
    http://forum.geizhals.at/t487390,4056326.html#4056326 geschildert, nicht mehr. Alternativ sollte man eine Aktiv-Antenne benutzen, wie in http://forum.geizhals.at/t487390,4658280.html#4658280 beschrieben.

    Zusatzinformation zu Aktiv-Antennen, die ihre Speisespannung über den Antennenanschluss beziehen:
    Einige Receiver unterstützen solche Antennen zwar, müssen dafür aber erst extra aktiviert werden, wie z.B. der Receiver "Skymaster DT 50" (Baumax).


Weitere Technik-Themen gibt es hier.